Mittwoch, 5. März 2014

Auf eine Kokarette mit...


Charles Bukowski

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Herr Bukowski, welche große Ehre, dass Sie uns heute auf eine Kokarette besuchen.
Bukowski: Nennt mich Hank, Boys. Scheiß auf die Etikette! Die Zahl unserer Abende ist begrenzt, und mit jedem verplemperten Abend versündigt man sich grausam am natürlichen Lauf des einzigen Lebens, das man hat.


Alles klar, Hank. Du bist jetzt fast 20 Jahre tot und dieses Interview ist erstunken und erlogen. Hoffentlich macht dir das nichts aus, dieses ganze Ding mit dem Tod und so.
Bukowski: Wozu war der Mensch auf der Welt? Zum Sterben. Und was hieß das? Rumhängen und warten. Das ganze Leben bestand doch schon aus Warten. Warten aufs Leben, warten aufs Sterben.

Das Leben war also nie was für dich?
Bukowski: Das Leben ist nicht nur absurd, es war pure Knochenarbeit. Manchmal ist mir, als hätte man uns in einen Film gesperrt. Wir kennen unseren Text, wir wissen, wo wir geh'n und steh'n sollen und es gibt keine Kamera. Aber wir können nicht mehr raus. Und es ist ein schlechter Film.

Hank, du rauchst ja gar nicht, sind Kokaretten nicht so dein Ding?
Bukowski: Ne, aus dem Alter bin ich raus, Boys, das half mir schon beim Schreiben nie. Da man aber nicht immer nur schreiben kann, gab es große Lücken zu füllen. Ich füllte sie mit Scotch, Bier, Ale und Frauen. Mit den Frauen hatte ich meistens Pech, und die Folge war, dass ich mich stark aufs Trinken konzentrierte.

Auch nicht zu College-Zeiten?
Bukowski: Ich war nie auf dem College. Krankenhäuser, Gefängnisse und Nutten: das sind die Universitäten des Lebens. An denen habe ich mehrere akademische Grade erworben. Fast jeder kommt als Genie auf die Welt und wird als Idiot begraben.

Wie lief das mit dem Schreiben bei dir?
Bukowski: Ich hielt es da wie Bach. Bach hatte zwanzig Kinder. Tagsüber hat er auf Pferde gewettet, nachts hat er gefickt und am Vormittag gesoffen. Komponiert hat er zwischendurch.

Half es dir, wenn es dir dreckig ging?
Bukowski: Das Schreiben wird nicht von Schmerzen besorgt, sondern von einem Autor. Sicher ich habe keinen großen Ehrgeiz, es sollte aber auch für Menschen ohne Ehrgeiz einen Platz geben.

Wolltest du nie etwas anderes werden als Autor?
Bukowski: Da ist so eine Sache, die ich immer machen wollte, außer Boxer werden: in Bestattungsunternehmen rumlungern. Ich wollte einer von diesen Typen sein, die die Tür aufmachen und sagen: "Herzliches Beileid".

Findest du es nicht stark, dass dich heute alle feiern?
Bukowski: Nach meinem Tod macht man mich viel mutiger und begabter, als ich es gewesen bin. Es wird übertrieben. Sogar den Göttern kommt das große Kotzen. Die menschliche Rasse übertreibt alles. Ihre Helden, ihre Feinde, ihre Bedeutung.

Hank, danke, dass du dir die Zeit genommen hast und aus deiner Gruft gekrochen bist! 

Foto: http://aloquence.wordpress.com/

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