Dienstag, 26. März 2013

Die europäische Familie



Die Europäische Union ist unbestritten eine wunderbare Sache. Jahrhundertelange Fehden und Kriege sind vergessen, Grenzen, für die Millionen von Menschen gestorben sind, quasi aufgehoben, Franzosen und Deutsche liegen sich lachend in den Armen und trinken Weißbier zum Baguette. Die schöne, neue Welt, so wie sie sein sollte. 

Doch immer mehr kristallisiert sich heraus, das Wohl doch nicht alles Kohl ist, was glänzt. Der Süden Europas geht vor die Hunde und der Norden ruft: „Faulpelze!“ Der Norden ruft „Faulpelze!“ und der Süden malt Hitlerbärtchen auf Plakate. Der Süden malt Hitlerbärtchen und Angela Merkel ist beleidigt. Und ständig droht der Zusammenbruch – und das ironischerweise durch Konstruktionsfehler, die dafür sorgen, dass selbst Staaten wie Zypern und Griechenland (nichts gegen euch, ihr beiden Perlen des Mittelmeers) das Kartenhaus zum Einsturz bringen können.

Die Schaffenskrise empfiehlt: Überdenkt das System noch einmal gründlich! Wenn wir schon eine große europäische Familie sein wollen, dann müssen wir auch wie eine solche leben.

Das bedeutet, dass man den kranken Opa trotzdem noch in den Arm nimmt, auch wenn er in seinem grenzdebilen Zustand mal wieder das Bett vollgeschissen hat. Der zutättowierte Sohn, der zum dritten Mal seine Ausbildung geschmissen hat und sich einer Rockergruppe angeschlossen hat, wird zu Weihnachten ebenso liebevoll am Tisch empfangen wie die heroinsüchtige Tochter, die ihren vierten Mann mit zum Essen bringt. Der Vater ertränkt seine Sorgen im Suff, die Mutter in Tabletten, aber das Haus zahlt sich irgendwie trotzdem ab.

Und am Ende des Tages kann man frohen Mutes sagen: Es könnte immer noch schlimmer sein. Alle Europäer, die schon zwischen den Jahren 1939 und 1945 das Vergnügen hatten, zu leben, werden dies bestätigen können.

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